Cannabis in Frankreich
Er verliert seinen Führerschein, weil er legales CBD konsumiert hat: Er verklagt nun Frankreich
Am 10. November 2025 wird das Berufungsgericht in Bordeaux einen Fall prüfen, der für Tausende von CBD-Konsumenten in Frankreich einen Wendepunkt darstellen könnte.
Der Fall von Xavier P., der wegen „Fahren unter Drogeneinfluss“ verfolgt wurde, obwohl er nur legales CBD konsumierte, zeigt die wissenschaftlichen und rechtlichen Mängel des französischen Null-Toleranz-Ansatzes beim THC-Test sowie seine Unvereinbarkeit mit dem europäischen Recht auf.
Ein CBD-Konsument wird strafrechtlich verfolgt
Der im ländlichen Frankreich lebende Unternehmer und Familienvater Xavier P. hatte nach einer früheren Verurteilung beschlossen, mit dem Konsum von THC-Cannabis aufzuhören. Im Jahr 2021 stieg er vollständig auf Cannabis CBD um.
Doch im Januar 2024 erwies sich ein Speicheltest im Straßenverkehr, der nicht zwischen legalem Hanfkonsum und illegalem Cannabiskonsum unterscheiden konnte, als schwach positiv.
Trotz seines Drängens verweigerte ihm die Polizei einen Bluttest zur Bestätigung mit der Begründung, dass dieser nicht notwendig sei. Sein Führerschein wurde sofort eingezogen und ihm drohen nun bis zu fünf Jahre Führerscheinentzug und eine Geldstrafe von 4.500 Euro.
„Ich war angewidert von dem, was ich in vielerlei Hinsicht als Ungerechtigkeit betrachte“, erklärte Xavier. „Ich habe ein illegales Produkt durch ein legales ersetzt, und nun werde ich erneut bestraft, diesmal dafür, dass ich mich an das Gesetz gehalten habe.“
Freispruch, dann wieder strafrechtlich verfolgt
In der ersten Instanz sprach das Gericht Xavier frei und erkannte an, dass es keinen Beweis für den illegalen Gebrauch von Cannabis gab. Der Staatsanwalt legte jedoch Berufung gegen diese Entscheidung ein und eröffnete damit erneut einen Fall, den NORML France als „juristische Aberration“ bezeichnet.
Für Maître Nicolas Hachet, Rechtsanwalt in Bordeaux und sachverständiges Mitglied von NORML France, verdeutlicht diese Situation einen systemischen Fehler: „CBD-Konsumenten zu kriminalisieren bedeutet, ein legales Produkt mit einem Betäubungsmittel zu verwechseln. Es ist dringend notwendig, die Nachweisschwellen zu überarbeiten und dieser rechtlichen Fehlentwicklung ein Ende zu setzen.“
Die Grenzen von Drogentests in Frankreich
Im Gegensatz zu Deutschland, das einen wissenschaftlich fundierten Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blut eingeführt hat, gibt es in Frankreich keinen Mindestgrenzwert.
Ein einfacher positiver Speicheltest, unabhängig von der nachgewiesenen Menge und trotz fehlender psychotroper Wirkung, reicht aus, um eine Straftat zu begehen.
Wie NORML France betont, messen Speicheltests nicht die Konzentration und können nicht zwischen dem Konsum von legalem „CBD“-Cannabis und dem von illegalem „THC“-Cannabis unterscheiden. Ergebnis: unschuldige Autofahrer werden mehrere Tage nach legalem Konsum oder sogar nach passiver Exposition positiv getestet.
„Die ‚Null-Toleranz‘-Politik stellt legalen Konsumenten eine Falle und bestraft Spuren statt Beeinträchtigung“, argumentiert NORML France. „Es ist ein System, das im Namen der Statistik Leben zerstört“
Der Fall wird auch auf europäischen Rechtsgrundlagen verhandelt, wobei Verstöße gegen die im EU-Recht verankerten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des freien Verkehrs geltend gemacht werden. Da CBD in der EU nicht als Betäubungsmittel gilt, könnte das derzeitige Test- und Sanktionssystem in Frankreich als Hindernis für den freien Warenverkehr angesehen werden.
Für NORML France geht es nicht nur um den Fall eines Mannes, sondern um den Schutz tausender CBD-Konsumenten vor willkürlicher Kriminalisierung.
Abgesehen von den rechtlichen Argumenten ist Xaviers Geschichte eine persönliche Tragödie. Nach drei Jahren kumulierter Fahrverbote verlor er seine Ehe und einen Großteil seiner Lebensgrundlage.
„Nach zwanzig Jahren des Zusammenlebens konnte meine Frau es nicht mehr ertragen, das Taxi für die Familie zu sein“, erzählt er. „Heute werde ich zum Aktivisten, nicht für mich selbst, sondern damit andere nicht das Gleiche erleiden müssen.“
NORML France ruft zu einer Reform auf
Gegründet, um einen rationalen und humanen Ansatz in der Cannabispolitik zu fördern, fordert NORML France die Regierung auf, das System der Verkehrskontrollen zu reformieren, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Achtung der Grundrechte.
Der Verband fordert:
- Die Einführung messbarer Grenzwerte für THC, ähnlich den Grenzwerten für Alkohol
- Die Differenzierung zwischen aktiver Veränderung und Nachweis von Spuren
- Die Anpassung an Europarecht und wissenschaftliche Standards.
Der Ausgang der Anhörung am 10. November in Bordeaux wird genau verfolgt werden. Über Xaviers Schicksal hinaus könnte es die französischen Behörden dazu zwingen, sich mit der Inkohärenz ihres derzeitigen Systems auseinanderzusetzen, das legale Hanfkonsumenten kriminalisiert und das Vertrauen in das Justizsystem untergräbt.
„Es ist dringend notwendig, die juristische Debatte auf klaren Grundlagen, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem europäischen Recht entsprechen, wieder zu eröffnen“, schloss Anwalt Hachet.