Cannabis in den USA: Neueinstufung oder Legalisierung?

Präsident Donald Trump bestätigte, dass seine Regierung die Möglichkeit einer Umstufung von Cannabis in der Bundesgesetzgebung prüfe. Der Prozess war 2024 unter der Biden-Regierung eingeleitet, aber vor der Machtübergabe nicht abgeschlossen worden.
Auf einer Pressekonferenz zur Bundesaufsicht in Washington, D.C., sagte Trump gegenüber Reportern, dass eine Entscheidung über die Einstufung von Cannabis „in den kommenden Wochen“ getroffen werden könnte. Laut dem Wall Street Journal wurde das Thema auch bei einer privaten Spendenaktion im Frühsommer in Trumps Golfclub in New Jersey angesprochen, bei der die Tickets jeweils 1 Million Dollar kosteten. Zu den Teilnehmern gehörte Kim Rivers, CEO von Trulieve, einem der größten Cannabisunternehmen in den USA, das unter anderem fälschlicherweise 75 Millionen Dollar auf die Legalisierung von Cannabis in Florida gesetzt hatte. Frau Rivers soll Herrn Trump aufgefordert haben, die Neueinstufung zu unterstützen und die medizinische Forschung auszubauen.
Diese neue Welle der Lobbyarbeit ist ein Beispiel für den wachsenden Einfluss der Cannabisindustrie auf die Gestaltung der Bundespolitik. Für Unternehmen steht viel auf dem Spiel: Die Neueinstufung würde den Weg für Standardsteuerabzüge ebnen, die derzeit durch das US-Steuergesetz aufgrund des Status von Cannabis als Substanz der Kategorie I blockiert sind.
Was würde die Einstufung in Kategorie III bedeuten?
Derzeit wird Cannabis in den USA neben Heroin und LSD in Kategorie I des Controlled Substances Act (CSA) geführt, einer Kategorie, die Substanzen vorbehalten ist, die als medizinisch nutzlos gelten und ein hohes Missbrauchspotenzial aufweisen. Die Einstufung von Cannabis in die Kategorie III würde es in die gleiche Kategorie wie Ketamin, Codein und Testosteron einordnen.
Eine solche Änderung wäre nicht gleichbedeutend mit einer vollständigen Legalisierung. Sie würde jedoch Folgendes ermöglichen:
- die bundesstaatlichen Strafen für Besitz und Vertrieb zu mildern
- die medizinische Forschung an Cannabis auszuweiten
- den Unternehmen der Cannabisbranche zu ermöglichen, von den Standardsteuerabzügen zu profitieren.
Für eine Branche, die in diesem Jahr Einnahmen von 34 Milliarden US-Dollar generieren soll, könnte diese Reform einen Wendepunkt darstellen. Investoren und Führungskräfte behaupten, dass sie neues Kapital freisetzen, traditionelle Banken anziehen und die Innovation beschleunigen würde.
Eine gespaltene öffentliche Meinung, aber wachsende Unterstützung
Während die Trump-Regierung eine Neueinstufung in Betracht zieht, geht die öffentliche Meinung noch weiter. Eine Umfrage des Emerson College am 25. und 26. August ergab, dass 65% der registrierten Wähler nun glauben, dass eine Legalisierung auf nationaler Ebene eine „gute Idee“ wäre. Diese Zahl ist im Vergleich zum Oktober letzten Jahres um fünf Prozentpunkte gestiegen.
Die Unterstützung variiert stark nach politischen Ansichten und Generationen:
- Demokraten: 79 Prozent dafür
- Unabhängige: 66 %
- Republikaner: 49 %
Das Alter spielt eine Schlüsselrolle, wobei Wähler unter 30 Jahren (71 %) und in den Vierzigern (74 %) die höchste Unterstützung aufweisen. Im Gegensatz dazu bleiben die Amerikaner über 70 Jahre gespalten, wobei eine knappe Mehrheit (52 %) die Legalisierung ablehnt.
Für Meinungsforscher Spencer Kimball, Direktor von Emerson College Polling, sind die Auswirkungen klar: „Wenn Trump die Entscheidung treffen würde, Cannabis zu legalisieren, könnte das den Trend zu seinen Gunsten, der seit einigen Monaten eher stagniert, wirklich umkehren.“
Die Rückkehr des MORE Act
Die Neueinstufung ist nicht die einzige Reform, die in Betracht gezogen wird. Parallel dazu haben 40 demokratische Gesetzgeber den MORE Act (Marijuana Opportunity, Reinvestment and Expungement Act) wieder eingeführt, der darauf abzielt, Cannabis vollständig aus der CSA zu streichen.
Im Gegensatz zur Neueinstufung, bei der Cannabis in den Bundeslisten der kontrollierten Substanzen verbleibt, würde der MORE Act es eher wie Alkohol oder Tabak behandeln und die Regulierung weitgehend den Bundesstaaten überlassen. Der MORE Act umfasst :
- Die Löschung von Bundesverurteilungen im Zusammenhang mit Cannabis
- Die Überprüfung von Strafen für Personen, die noch inhaftiert sind
- Schutz vor dem Verlust von Sozialleistungen oder des Einwandererstatus für Personen, die im Zusammenhang mit Cannabis vorbestraft sind
- Eine Bundessteuer, die mit 5% auf den Verkauf von Cannabis beginnt und innerhalb von fünf Jahren auf 8% ansteigt
- Drei Subventionsprogramme: Gemeinschaftsinvestitionen, Darlehen für kleine Unternehmen und Unterstützung bei der fairen Lizenzvergabe
Für den Abgeordneten Jerry Nadler, der diese Initiative leitet, ist das Ziel klar: „Es ist höchste Zeit, Marihuana auf Bundesebene zu entkriminalisieren, Verurteilungen im Zusammenhang mit Marihuana zu tilgen und die Revision von Strafen zu erleichtern, während gleichzeitig in die Gemeinden reinvestiert wird, die vom Drogenkrieg am stärksten betroffen sind.“
Andere Co-Sponsoren wie Ilhan Omar und Nydia Velázquez legten den Schwerpunkt auf Gerechtigkeit und wirtschaftliche Chancen und betonten, dass die Legalisierung auch Fairness und Gerechtigkeit für die Gemeinden bringen muss, die historisch gesehen das Ziel der Prohibition waren.
Zwischen industriellem Wachstum und sozialer Gerechtigkeit
In der Debatte wird ein zentrales Paradoxon deutlich. Auf der einen Seite blüht die legale Cannabisindustrie, die mehr als 440.000 Menschen beschäftigt und jährlich zig Milliarden Dollar erwirtschaftet. Auf der anderen Seite bringt die Prohibition weiterhin Tausende von Menschen ins Gefängnis oder in Einwanderungsverfahren.
Interessengruppen wie die Drug Policy Alliance, NORML und das Last Prisoner Project bestehen darauf, dass die Neueinstufung unzureichend ist. Wie Maritza Perez Medina von der Drug Policy Alliance erklärte: „Solange Marihuana im Gesetz über kontrollierte Substanzen verbleibt, bleibt es auf Bundesebene kriminalisiert, unabhängig davon, in welcher Einstufung es sich befindet.“
Kritiker warnen auch, dass Kategorie III hauptsächlich Pharmaunternehmen zugute kommen könnte, die es ihnen ermöglichen würden, den Markt für Cannabismedikamente zu dominieren, während sie gleichzeitig Kleinbauern und lokale Unternehmen verdrängen würden, die die Industrie während des jahrzehntelangen Verbots unterstützt haben.
Ein politisches Schachbrett
Der Widerstand bleibt stark, insbesondere unter einigen Republikanern. Neun Gesetzgeber der GOP forderten Trump kürzlich in einem Brief auf, die Umstufung abzulehnen, und bezeichneten den früheren Vorschlag Bidens als „korrupt und unvollkommen“. Sie warnten, dass die Neueinstufung Jugendlichen den Eindruck vermitteln würde, dass Cannabis harmlos sei, während sie „Kartellen und Unternehmen“ Steuervorteile in Milliardenhöhe verschaffen würde.
Dennoch drängten 32 staatliche Generalstaatsanwälte in die entgegengesetzte Richtung und forderten den Kongress auf, die Legalisierung voranzutreiben und Maßnahmen wie den SAFER Banking Act zu unterstützen, der Cannabisunternehmen endlich den Zugang zum Finanzsystem ermöglichen würde. Sie argumentieren, dass Cannabis zwar in den meisten Staaten bereits legal ist, die Blockierung des Zugangs zu Bankdienstleistungen jedoch nur die Sicherheitsrisiken erhöht und die Steuereinziehung behindert.
Wie geht es weiter?
Trumps Revision könnte die größte Veränderung in der Bundespolitik in Bezug auf Cannabis seit über 50 Jahren bewirken. Der weitere Weg ist jedoch ungewiss: Wird die Regierung bei der Neueinstufung stehen bleiben, oder wird der Druck des Kongresses und der Öffentlichkeit auf eine vollständige Legalisierung drängen?
Klar ist, dass der Krieg gegen Drogen, der vor fast einem Jahrhundert vor dem Hintergrund des Rassismus begonnen wurde, es nicht geschafft hat, den Konsum zu bremsen und gleichzeitig die massive Inhaftierung zu befeuern. Gleichzeitig haben sich die legalen Märkte zu milliardenschweren Motoren des Wirtschaftswachstums entwickelt.
Ob durch eine schrittweise Reform im Rahmen von Anhang III oder durch eine radikale Gesetzgebung wie den MORE Act, 2025 könnte ein entscheidendes Jahr sein. Diese Entscheidung wird nicht nur die Zukunft der Cannabisindustrie bestimmen, sondern auch, ob es den USA endlich gelingt, jahrzehntelange Strafpolitik mit den Realitäten der modernen Gesellschaft in Einklang zu bringen.
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